„Aus Wut wird Podcasterinnen.org“

Am Anfang gab es eine Liste: „Frauenstimmen im Netz“ hieß sie. Eine Sammlung von Nele Heise, die Frauen in der Podcast-Landschaft mit ihren Hör-Formaten sichtbar machen wollte. Daraus wurde 2018 mehr: Daniela Ishorst, Michaela Lehr und Nele Heise gründeten gemeinsam die Plattform Podcasterinnen.org. Nach dem Vorbild der Plattform Speakerinnen.org (eigene Aussage) arbeiteten die Drei an der Umsetzung einer Seite, die sich an Podcasterinnen und nicht-binäre Podcastpersonen richtet und diese sichtbarer machen möchte. Außerdem richtet sich die Website an Veranstalter*innen und Podcaster*innen, die zu verschiedenen Themen nicht-männliche Personen als Gäste suchen.

Seit Dezember ist die Plattform für Podcasterinnen und nicht-binäre Podcastpersonen online und Speakerinnen.org hat mit Daniela Ishorst über die Erfahrungen des letzten Jahres gesprochen.

Daniela Ishorst
Daniela Ishorst von Podcasterinnen.org

Daniela, wie wurde aus den „Frauenstimmen“ Podcasterinnen.org?

Podcasterinnen.org entstand erstmal aus einem wütenden Impuls heraus. Nachdem ich auf mehreren Veranstaltung 2017 und 2018 wieder und wieder mit All-Male-panels oder Talks zu der Podcastlandschaft konfrontiert war, platzte mir der Kragen. Diese Wut konnten wir dann zu dritt produktiv umsetzen. Es war aber auch schnell klar, dass wir kein Verzeichnis seinen möchten, in dem alle Daten aus Neles Frauenstimmen Liste landen, sondern dass wir eine Plattform seien möchten, auf die die Leute zukommen.

Speakerinnen.org war da übrigens ein Vorbild, an dem wir uns dann orientiert haben :-)

Ihr richtet Euch sehr explizit an Frauen und nicht-binäre Personen, die Podcasts produzieren. Warum gibt es für diese Gruppen einen besonderen Bedarf an Sichtbarkeit?

Dafür, dass man Frauen nachsagt, sie würden ständig reden, fällt in vielen Podcasts und auf Veranstaltungen zu Podcasts auf, dass Frauen und nicht-binäre Personen häufig gar nicht Teil der Veranstaltung sind.

Mir fällt immer wieder auf, dass Frauen viel seltener zu Gast in Podcasts sind und wenn sie zu Gast sind, reden sie meist deutlich weniger als Männer, ihnen wird häufiger ins Wort gefallen. Manchmal werden sie kaum ernst genommen. Das ist in allen Themenbereichen so, auch im Bereich Podcasting. Deshalb war und ist es uns wichtig, die Leute dafür sensibler zu machen. Am Ende ist die Webseite auch als Kritik zu verstehen. Eine Kritik daran, wie selbstverständlich nicht-männliche Personen immer noch nicht die Sicht- und Hörbarkeit bekommen, die ihnen zusteht.

Seit rund einem Jahr arbeitet Ihr an der Plattform; seit Dezember 2018 seid Ihr online. Was war am schwersten und was am schönsten bis zum Launch?

Die ersten Monate liefen tatsächlich etwas holprig. Wir drei sind alle in Jobs, haben Hobbies, Familie. Podcasterinnen.org ist ein komplett ehrenamtliches Projekt, welches auf wenigen Schultern liegt. Es dauerte etwas, bis sich ein richtiger Arbeitsprozess eingeschliffen hat. Die letzten Wochen vor dem Release verging dann allerdings kein Tag, an dem ich nicht mich Michaela gesprochen, geschrieben oder mich getroffen habe.

Aber das war auch das Schönste. Man lernt sich und die Menschen, mit denen man zusammen arbeitet, nochmal anders kennen. Es war und ist wunderbar, mit Nele und Michaela zusammenzuarbeiten! Zumal ich lange in früheren Jobs zu hören bekommen habe, dass Frauen nicht gut miteinander arbeiten können, weil sie zu zickig sind. Diese Erfahrung war für mich ein wahnsinniges Geschenk.

Ich habe neue Dinge gelernt, die ich gut für meinen Job oder spätere Projekte nutzen kann. Außerdem wurde das alles getragen von dem Gefühl einer Selbstermächtigung. Die Arbeit an der Plattform war also auch ein emanzipatorischer Akt. Und ist es auch immer noch.

Welche Rückmeldungen habt Ihr seither zu Euerm Projekt erhalten?

Wir haben fast durchweg positive Rückmeldungen bekommen. Es gab und gibt natürlich auch kritische Stimmen, diese kommen aber durchweg von Männern.

Ansonsten werden wir getragen von einer wunderbaren Community, vielen tollen Podcastpersonen, die sich freuen, dass es die Webseite gibt.

Welche Podcaster*innen findet man heute bei Euch? Und habt Ihr Lieblingspodcasts, die Ihr empfehlen wollt?

Man findet mittlerweile zu fast jedem Thema eine Podcastperson. Es sind jetzt knapp 100 Profile online. Das ist schon ganz ordentlich. Die Themengebiete umfassen zum Beispiel Fußball, IT-Security, Erotik, Handwerk, Feminismus, Kunst, Bisexualität, Politik, DIY. Es ist schön zu sehen, über wie viele unterschiedliche Themen gesprochen wird und wie wenig mono thematisch „Frauenpodcasts“ tatsächlich sind.

Als Teammitglied von Podcasterinnen.org ist es jetzt natürlich schwer, den einen Podcast zu empfehlen. Gerade höre ich mich durch einige Podcasts, die von People of Color produziert werden. In dem Bereich hat sich 2018 unglaublich viel getan. Da ich selber über Kunst und Kultur podcaste, findet man natürlich auch aus dem Themenbereich einiges in meiner Podcastliste.


Daniela Ishorst ist selbst Podcasterin und spricht bei kunst & horst über Kunst, Literatur, Theater, Kulturpolitik und einiges mehr. Hauptberuflich arbeitet sie als Assistenz der Geschäftsleitung und Buchhalterin. Bei Podcasterinnen.org setzt sie sich dafür ein, dass die Menschen hinter den Podcasts sichtbar werden.

Das Interview führte Mandy Schoßig.