„Stereotype aufbrechen und Vorbilder schaffen“

Exzellenten Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft eine Plattform bieten. Innovationen ein weibliches Gesicht geben. Ideen und Erfindungen mit Frauen verbinden. Diese Idee ist der Ausgangspunkt für die Plattform #Innovative Frauen, die heute am Frauentag, den 8. März 2022 online geht. Wir haben mit der Initiatorin Carola Herbst über Anspruch, Ziele und weitere Angebote der Initiative gesprochen.

Carola Herbst
Carola Herbst by www.kompetenzz.de

Was waren Eure Beweggründe, die Plattform #Innovative Frauen ins Leben zu rufen?

Wir im Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. (kompetenzz) arbeiten seit fast 25 Jahren in unterschiedlichen Projekten zum Thema Chancengleichheit. Girls’Day und Boys’Day gehören beispielsweise dazu, ebenso die Initiative „klischeefrei“ und „Komm, mach MINT.“ Obwohl sich bereits vieles zum Besseren verändert hat, sehen wir, dass die reale Gleichstellung von Frauen und Männern nach wie vor nicht erreicht ist und es hier noch viel zu tun gibt.

Konkret im Bereich der Sichtbarkeit ist es beispielsweise so, dass Frauen nach wie vor seltener in die mediale Berichterstattung einbezogen werden als ihre männlichen Kollegen. Das gilt übrigens auch in den Bereichen, in denen mehr Frauen als Männer arbeiten. Um vielfältige Ideen zur Lösung von Problemen und Zukunftsfragen zu erhalten, ist es jedoch dringend erforderlich, die Sichtweisen von Frauen und ihre Herangehensweisen an Probleme einzubeziehen. Auch in Führungspositionen sind Frauen noch immer unterrepräsentiert – sie stellen aktuell nur knapp jede dritte Führungskraft.

Ich selbst habe viele Jahre im Projekt „Komm, mach MINT.“ gearbeitet und dabei immer wieder festgestellt, dass es neben dem Aufbrechen von stereotypen Rollenbildern ungemein wichtig ist, weibliche Vorbildfrauen in Projekte und Initiativen einzubinden. Sie dienen nicht nur als Identifikationsfiguren, sondern steigern auch die Attraktivitätswahrnehmung von z.B. MINT-Berufen und weiblichen Karrieren. Außerdem machen sie jungen Frauen Mut, die eigenen beruflichen Ideen, Wünsche und Erwartungen umzusetzen und vermitteln ihnen Selbstbewusstsein und Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten.

All das zusammengenommen hat uns dazu bewogen, uns mit der Idee einer Plattform für innovative Frauen auf die Bekanntmachung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zum Themenschwerpunkt „Innovative Frauen im Fokus“ zu bewerben.

Und wie kann eine Webplattform da Abhilfe schaffen?

Indem wir innovative Frauen mit unterschiedlichen Karriere- und Berufswegen über die Plattform sichtbar machen, schaffen wir in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die Leistungen und Potentiale von Frauen. Damit wollen wir erreichen, dass Frauen in allen Berufssparten und auf allen Karrierestufen als selbstverständlich wahrgenommen werden und sie gleichzeitig darin bestärken, ihre Ideen, Forschungsvorhaben und Visionen weiter zu verfolgen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist natürlich die Zusammenarbeit mit Medien, Journalist*innen, Redakteur*innen und Veranstaltungsmanager*innen. Sie alle sind aufgerufen, in der Datenbank von #InnovativeFrauen nach Expertinnen zu recherchieren und diese direkt für Interviews, Vorträge, Moderationen oder Podiumsdiskussionen anzufragen.

Wer kann sich bei Euch eintragen?

Exzellente Wissenschaftlerinnen, Forscherinnen und Leistungsträgerinnen sowie junge, aufstrebende Innovatorinnen können sich auf unserer Website www.innovative-frauen.de in eine Datenbank eintragen und so mit ihren Leistungen und Potentialen sichtbar werden.

Dabei geht es uns vor allem darum, die große Vielfalt an innovativen Frauen vorzustellen. Wir wollen zeigen, was diese Frauen antreibt, wie sie Zukunft mitgestalten und Lösungen für Probleme finden. Wir haben zum Beispiel eine Gründerin dabei, die kleine, kostengünstige und trotzdem sehr hochwertige Solarsysteme produziert, die überall dort zum Einsatz kommen können, wo es noch kein flächendeckendes Stromnetz gibt und Menschen keinen Zugang zu elektrischer Energie haben. Andere Frauen aus unserer Datenbank beschäftigen sich mit neuen Mobilitätskonzepten oder Biodiversität in unseren Städten. Wieder andere verorten wir im Bereich der sozialen Innovationen. Sie unterstützen mit ihren innovativen Ideen Jugendliche, Erwachsene oder auch konkret ältere Menschen dabei, Zugang zu Bereichen zu erhalten, die ihnen sonst verschlossen bleiben würden – beispielsweise, indem sie ihnen die Möglichkeit bieten, ihre Talente in unterschiedlichen Bereichen auszuprobieren oder indem sie deren digitale Kompetenzen erweitern.

Ihr verknüpft Euch sehr bewusst mit anderen Plattformen – darunter auch mit Speakerinnen.org. Wie seht Ihr #InnovativeFrauen innerhalb der bestehenden Initiativen und Datenbanken?

Bevor wir #InnovativeFrauen beantragt haben, haben wir eine umfassende Bestandsaufnahme gemacht, die uns gezeigt hat, dass es bereits einige sehr gute Plattformen gibt, auf denen sich Frauen mit ihren Ideen, Potentialen und mit ihrer Expertise vorstellen können. Einige, wie beispielsweise Speakerinnen.org, sind sehr breit aufgestellt und bieten vielen Frauen die Möglichkeit, sich einzutragen. Andere wiederum konzentrieren sich auf promovierte und habilitierte Wissenschaftlerinnen.

Unser Ziel ist es, die vorhandenen Expertinnen-Datenbanken sinnvoll zu ergänzen. Deshalb legen wir mit #InnovativeFrauen den Fokus auf die Sichtbarmachung von Frauen, die eine innovative Idee oder ein innovatives Produkt entwickelt, beziehungsweise eine soziale Innovation ins Leben gerufen oder maßgeblich vorangetrieben haben. Frauen, die mit ihren Leistungen besser in eine der anderen Datenbanken passen, werden wir gerne an diese verweisen.

Was bietet die Website www.innovative-frauen.de noch?

Neben dem Herzstück unserer Plattform, der Expertinnen-Datenbank, wird es noch eine ganze Reihe weiterer Angebote geben. Wir werden beispielsweise regelmäßig Fokusthemen veröffentlichen, die eine Einführung in ein aktuelles Thema liefern und gleichzeitig verschiedene Aspekte näher beleuchten. Dafür greifen wir auf die Expertise der innovativen Frauen auf unserer Plattform zurück und binden diese über verschiedene Formate ein.

Außerdem sind wir aktuell dabei, eine Podcast-Reihe zu konzipieren, in der sich exzellente Frauen mit ihren Leistungen vorstellen und gleichzeitig inspirierende Einblicke in ihren Beruf geben können. Ein weiteres Format, mit dem wir die innovativen Frauen von unserer Plattform vorstellen wollen, sind Videoportraits, in denen der Werdegang, die berufliche Tätigkeit und die damit verbundenen Errungenschaften der portraitierten Expertin im Fokus stehen. Längerfristig haben wir geplant, diesen Baustein auszuweiten und daraus einen Leitfaden zu entwickeln, der weitere Frauen dabei unterstützt, selbst ein Kurzvideo von sich und ihrer Arbeit zu erstellen

Habt ihr weitere Angebote geplant, um das Thema „Innovationen von Frauen“ stärker in der Öffentlichkeit zu platzieren?

Um aktuelle Themen zu vertiefen und unseren innovativen Frauen die Möglichkeit zu geben, ihre Forschungsergebnisse zu verbreiten und ihre Ideen zu präsentieren, haben wir in loser Folge Open-Mic-Veranstaltungen geplant. Dabei handelt es sich um ein Live-Format der Wissenschaftskommunikation, bei dem sich bis zu drei Expertinnen auf einer virtuellen Bühne treffen und live mit den Zuschauer*innen (Studentinnen, thematisch Interessierte, andere Wissenschaftler*innen) über ihre Arbeits- oder Forschungsgebiete diskutieren. Elementar ist hierbei ein initialer Input der Expertinnen sowie die direkte Beteiligungsmöglichkeit der Zuschauer*innen. Die Open-Mics werden live über die Plattform #InnovativeFrauen übertragen und zusätzlich aufgezeichnet, um sie auch im Nachgang für alle Interessierten verfügbar zu machen.


Carola Herbst ist Projektleiterin von #InnovativeFrauen bei kompetenzz, Deutschlands größtem Netzwerk zu den Themen Technik, Diversity und Chancengleichheit. Die Medienpädagogin beschäftigt sich seit 2008 mit den Themen Sichtbarkeit von Frauen im Online & Social Media Bereich. Ihr Herz schlägt für alles Digitale und Innovative.

Das Interview führte Mandy Schoßig.